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27.12.2018

Versorgung mit einem besonderen Rollstuhltyp Gericht verpflichtet Krankenkasse zur Versorgung mit einem Rollstuhl mit motorunterstütztem Zuggerät

Das Sozialgericht Osnabrück hat eine gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet, ihren Krankenversicherten mit einem Rollstuhl mit Rollstuhlzuggerät mit Motorunterstützung zu versorgen.

Im entschiedenen Fall hat der 1966 geborene Kläger eine hereditäre Spinalparalyse (HSP), die mit einer fortschreitenden spastischen Gangstörung einhergeht.

Die beklagte Krankenversicherung hatte die beantragte Versorgung mit einem motorunterstützten Rollstuhlzuggerät (Kosten: knapp 10.000 Euro) abgelehnt und sich hierzu auf die Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gestützt. Er sah das begehrte Hilfsmittel nicht für erforderlich an, obwohl die behandelnden Ärzte des Klägers die Versorgung befürworteten. Sie sahen durch die Versorgung die Mobilität und eine selbst bestimmte Lebensweise gewährleistet. Die Krankenversicherung sah für eine wirtschaftliche(re) Versorgung einen elektrisch unterstützten Greifreifenantrieb (Restkraftverstärker) oder einem Elektrorollstuhl als ausreichend an.

Das Sozialgericht (SG) Osnabrück sah den Anspruch des Klägers auf einen Behinderungsausgleich als höherwertiger an als das Wirtschaftlichkeitsgebot.

Durch die Versorgung mit einem Rollstuhl mit Rollstuhlzuggerät hat der Kläger die Möglichkeit, sowohl den Elektroantrieb zu nutzen, als auch selbst noch Kraft zur Fortbewegung aufzuwenden, um so dem fortschreitenden Muskelabbau vorzubeugen. Darüberhinaus kann er auf diese Weise den Nahbereich seiner Wohnung selbstständig erreichen.  

Als Grundbedürfnis des täglichen Lebens ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 15.03.2018, Az. B 3 KR 4/16 R) in Bezug auf die Bewegungsmöglichkeiten die Erschließung des Nahbereichs der Wohnung von Versicherten anerkannt, nicht aber das darüber hinausgehende Interesse an Fortbewegung oder an der Erweiterung des Aktionsraumes. Maßgebend für den von der gesetzlichen Krankenversicherung insoweit zu gewährenden Behinderungsausgleich ist der Bewegungsradius, den ein nicht behinderter Mensch üblicherweise noch zu Fuß erreicht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

SG Osnabrück, Urteil vom 13.11.2018 - S 42 KR 516/16 -

Quelle: juris

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